Seit wenigen Jahren findet bei Paraglider und Kites eine neue Bauweise Anwendung:
Die sog. Single-Skin oder Single-Surface Bauweise. Die leichteste Bauweise die nach Stand der Technik verfügbar ist.
Sie ähnelt im Aufbau klassischen Ram-Air Flügeln, wobei allerdings der größte Teil des Untersegels weggelassen wurde, und eine Nasenversteifung gegen Einbeulen im Staupunkt Bereich ergänzt wurde.
Solche Profile weisen eine spezielle Aerodynamik auf, geprägt von sehr hohem CAmax, sowie wenn gut umgesetzt auch eine sehr geringes CAmin (“Depower”).
Grund genug die Eigenheiten solcher Profile genauer per CFD Simulation zu untersuchen.
Beispiele: Flysurfer Peak2 Kite, Ozone XXlite
Gewählte Geometrie
Tiefe 1m
Spannweite 5m
Streckung 5 (also in der Größenordnung wie Kites)
Profil von SingleSkinKite HV0.8:
Vergleichs-Geometrie: Unterseite geschlossen mit Kreisbogen
Damit man vergleichen kann was sich im Auftrieb, und noch interessanter im Nickmoment verändert, habe ich dieses einfache geschlossene Profil benutzt:
Ein einfacher Kreisbogen um die Unterseite zu schließen, das restliche Profil ist gleich.
Mesh
Computational Domain
Ausreichend Platz um den Flügel, damit sich Randwirbel, Nachlauf etc. ausbilden können. Aber nicht zu groß um nicht das Netz und die Rechenzeit überflüssig zu erhöhen.
Strömaufwärts: 1*t Stromabwärts: 2*t
Oberhalb: 1.5*t Unterhalb 1.5*t
Bewusst nicht super großzügig gewählt um die Zellenzahl und damit Rechenzeit klein zu halten.
Randbedingungen
u= 10m/s
Wände: undurchlässig, reibungsfrei (Slip Bedingung)
Polaren: SingleSkin CFD, DoubleSk. CFD, DoubleSk. XFLR5
Daten CFD
SingleSkin, AoA rotiert | DoubleSkin Seiten offen |
SingleSkin + Bremse | ||||
Run | run 8 | run14 | run12 | run13 | run15 | run12 (8.4.14) |
alpha [°] | 0° | 4° | 8° | 12° | 8° | 8° |
u | 10.00 | 10 | 10 | 10 | 10 | 10 |
v | 0.00 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Zellenzahl | 680 000 | 650 000 | 544 000 | 544 000 | 595 000 | 502 000 |
Kein Plan warum so viele Zellen! | 1:20 | |||||
Ergebnisse S Simulation (“Goal plot”) | ||||||
Fx [N] | 22.7 | 26.4 | 31.1 | 51.1 | 21.3 | 52.3 |
Fy [N] | 27.3 | 65.6 | 141.5 | 174.7 | 87.4 | 227.8 |
Pitch momentum [Nm] | -5.1 | -1.2 | 7.0 | 23.0 | -3.9 | 28.5 |
Drag [N] | 23 | 26.4 | 31.1 | 51.1 | 21.3 | 52.3 |
Lift [N] | 27 | 65.6 | 141.5 | 174.7 | 87.4 | 227.8 |
Gleitzahl [ ] | 1.2 | 2.5 | 4.5 | 3.4 | 4.1 | 4.4 |
Beiwerte | ||||||
Fläche [m^2] | 5 | 5 | 5 | 5 | 5 | 5 |
Bezugs Profiltiefe [m] | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 |
CW [ ] | 0.074 | 0.086 | 0.102 | 0.167 | 0.070 | 0.171 |
CA [ ] | 0.089 | 0.214 | 0.462 | 0.571 | 0.286 | 0.744 |
CM [ ] | 0.017 | 0.004 | -0.023 | -0.075 | 0.013 | -0.093 |
CA CW
- DoubleSkin hat weniger Widerstand als SingleSkin, sinnvoll
- Warum XFLR5 so viel weniger Widerstand vorhersagt?
Kommt wahrscheinlich von dem in Wandnähe nicht fein genug aufgelösten CFD Netz. So wirkt es wahrscheinlich wie ein sehr turbulent umströmter Flügel. Das Netz kann ja dort gar nicht unterscheiden ob die Oberfläche stufig, rauh etc. ist, weil es das mit der groben Auflösung nicht abbilden kann.
CA über alpha
-
Bei gleichem Anstellwinkel hat SIngleSkin mehr Auftrieb als DoubleSkin.
Sinnvoll, durch mehr Wölbung in der Skelettlinie
Gleitzahl über alpha
Hier sieht man dass die CFD Rechnung mit diesem groben kartesischen Netz eher eine stark turbulenten Umströmung entspricht. Es werden lange nicht so hohe Gleitzahlen erreicht wie bei einem laminaren Starrflügel (dem entspricht die XFLR5 Rechnung).
Für SIngleSkin scheint die CFD Methode ok zu funktionieren, weil hier die Umströmung ohnehin recht turbulent ist.
Die maximal Gleitzahl von 4.5-5.0 scheint für einen PEAK SingleSkin Kite realistisch.
CM über alpha
-
Sehr außergewöhnliches Verhalten des SIngleSkin Profils!
- Es wirkt bei kleinen Anstellwinkeln wie ein S-Schlag Profil (CM bei 0° fast gleich wie DoubleSkin-S-Schlag Profil).
Der Unterseitenwirbel reicht hie fast bis zur Hinterkante, siehe Stromlinienbilder.
- Bei hohen Anstellwinkel wirkt es wie ein stark gewöbtes Profil, mit stark negativem CM.Der Unterseitenwirbel ist hierbei kürzer, also effektiv mehr Wölbung im Profil.
- Es wirkt bei kleinen Anstellwinkeln wie ein S-Schlag Profil (CM bei 0° fast gleich wie DoubleSkin-S-Schlag Profil).
Druckverteilungen im Center Schnitt (für Anstellwinkel 0° 4° 8° 12°)
0°
4°
8°
12°
Stromlinien für verschiedene Anstellwinkel 0° 4° 8° 12°
Stromlinien im Profilschnitt Center
0°
4°:
8°
12°
Streamlines 3D
Alles bei 12°.
Streamlines Oberseite
Streamlines Unterseite
Von hinten
Ein- / Ausströmung am Flügelende
Diese Stromlonien starten alle auf der Profilsehne am Flügelende.
Von oben:
Ausgehende von der Profilsehne laufen alle Stromlinien nach außen.
Das hätteich nicht unbedingt erwartet, häte vermutet, dass vorne evtl. nach innen laufen, und hinten nach außen.
Von unten:
3D:
Druckverteilung mit Bremsausschlag: kann man die Nasenversteifung bei hohen AoA weglassen?
Habe dazu nur einen Anstellwinkel gerechnet.
8° + Bremsausschlag
Bei diesem Anstellwinkel und (kleinen) Bremsausschlag ist der Innendruck noch deutlich geringer als der Staudruck von außen.
Man kann man die Nasenverstärkung hier also noch nicht weglassen.
Evtl. bei mehr Bremsausschlag und noch höheren Anstellwinkeln?
XFLR5 Screenshots, DoubleSkin Vergleichsflügel
Fazit
- Besonderheit: Das Nickmoment ändert sich analog zu einem Kline-Fogleman Profil stark über alpha:
- Es wirkt bei kleinen Anstellwinkeln wie ein S-Schlag Profil (CM bei 0° fast gleich wie DoubleSkin-S-Schlag Profil).
Der Unterseitenwirbel reicht hie fast bis zur Hinterkante, siehe Stromlinienbilder.
- Bei hohen Anstellwinkel wirkt es wie ein stark gewöbtes Profil, mit stark negativem CM.Der Unterseitenwirbel ist hierbei kürzer, also effektiv mehr Wölbung im Profil.
Also genau das was man für dynamische Nickstabilität braucht.
Genau dieser Effekt macht auch ein Papierflugzeug mit Kline-Fogleman Profil dynamisch nickstabil.
-
Nasenverstärkung: Man kann anhand der 3D Druckverteilungen genau sehen, welche Druckdifferenz an der Nase herrscht. Daran kann man ablesen wie steif die Nasenverstärkung ist.
Oder wann gar keine Nasenverstärkung nötig ist, z.B. mit Bremsausschlag bei hohen Anstellwinkeln.